Softwarepatente - Rüstzeug zur Debatte

André Rebentisch, Christian Cornelsson, Holger Blasum und Stephan Uhlmann hatten sich in ihrem Vortrag "Softwarepatente - Rüstzeug zur Debatte" vorgenommen, ein wenig den Dschungel der Begrifflichkeiten, welche die Debatte um Softwarepatente umgeben wie ein Schlinggewächs, zu lichten.

Die Herren starteten mit einem Beispiel aus dem prallen Leben, um die Bedrohung aus dem nebulösen Reich des theoretisch Möglichen heraus zu holen und konkret zu machen: Sie warfen einen Brief an die Wand, in dem ein Patentinhaber dem Betreiber eines Web-Shops vorwarf, sein Patent an der Möglichkeit zur Auswahl einer Benutzersprache im Web-Shop zu brechen. Die Lösung lieferte der Brief gleich mit: 1% des Shop-Umsatzes als Lizenzgebühr!

Danach ging es an die Begriffsexegese, wobei der Vortrag leider den berühmten "roten Faden" ein wenig vermissen ließ. Er war weitgehend eine Aufzählung von Daten und Begriffen, die nur unzureichend im Gesamtzusammenhang eingeordnet wurden.

Eigentlich war Software in der Europäischen Patentkonvention von 1973 als nicht patentierbar bezeichnet worden. Computerprogramme waren keine Erfindungen im Sinne des Patentrechts. Um sie trotzdem patentierbar zu machen, wurde zu einem Trick gegriffen, der von den Vortragenden so genannten "Europäischen Patentdialektik":

Das nicht patentierfähige Computerprogramm wird mit "technischem Effekten" umgeben und als Prozess oder Verfahren patentiert. Das Stück Software ist dann nur noch ein Teil des Verfahrens und mit diesem dann (als Teil des Verfahrens) patentiert. Dazu wird der Begriff "Technik", der für das europäische Patentrecht eine elementare Bedeutung hat, sehr gedehnt. Alles was in irgendeiner Form "nützlich" ist, wird "technischer Fortschritt". Und wenn es nur das Einsparen von zwei Mausklicks ist! Die vom Patentrecht geforderte "Erfindungshöhe" wird durch diese künstliche Aufbauschung des "technischen Fortschritts" auch für Trivialitäten, wie eben die im Brief angemahnte Sprachauswahl in einem Online-Shop, erreichbar. Die "Trivialpatente" sind geboren!

Die problematischen Aspekte an der gesamten politischen Debatte um Software-Patente liegen nach Ansicht der Autoren vor allem an der begrifflichen Verwirrung auf politischer Seite. Sie führten das köstliche Beispiel eines odtdeutschen Bundeslandes an, wo der Justizminister stolz ein Patent auf eine "Straße der Romantik" verkündete. Das Patentrecht gerät in der öffentlichen Diskussion in ein begriffliches Bermuda-Dreieick zwischen Patent-, Urheber- und Markenrecht, was die Debatte darum so mühsam und kompliziert macht.

# Ralf Graf, 28.12.04, 14:09 Uhr.